Internet Explorer 7: Stand der Dinge
Der IE 7 ist nun mittlerweile ein Release-Candidate und nach offizieller Roadmap wird die Veröffentlichung der finalen Version nicht mehr lange auf sich warten lassen. Robert Nyman (schön, daß er wieder schreibt) bedauert dies, denn wie er völlig zu recht feststellt, ist der neue Internet Explorer entwicklungstechnisch nicht annähernd da, wo er sein sollte.
The problem is that other web browsers, such as Firefox, Safari and Opera, are light years ahead compared to what IE 7 will support […] when IE 7 comes out it will still be the least complete and most annoying web browser in the market, holding web developers all over the world back.
So sieht es leider aus. Natürlich muß man froh sein, daß sich nach Jahren des Stillstandes (aus Mangel an Konkurrenz) bei Microsoft einiges getan hat: Ein gutes Team von Entwicklern ging mit viel Engagement an die Arbeit, per Weblog waren die Anwender ständig über die Entwicklungen informiert, durften Ideen einbringen und Kritik äußern. Ein offener Bugtracker wurde eingerichtet und statt wie früher ein völlig eigenes Süppchen zu kochen, tauschte man sich mit den Mozilla-Entwicklern aus und übernahm sogar deren Icons als Erkennungszeichen für RSS–Feeds.
Natürlich, denn das war ja der Bremsklotz im Webdesign schlechthin, wurden auch etliche Bugs der Version 6 behoben (vor allem im CSS–Bereich) neue Elemente kamen hinzu. Das wird einige Verrenkungen beim Erstellen von Webseiten, die jetzt noch nötig sind, ersparen. Alles sehr löblich, alles sehr fein. Aber reicht das? Ist das der IE 7 den alle erwartet haben, der das Web ingesamt wieder einen Schritt voran bringt? Nyman kommt zu dem Schluß:
What’s the point in releasing something that still lags behind, even if it’s far better than the previous version? […] they should postpone the release and make sure that when it comes out, it’s the damn best frickin’ web browser in the market!
Roger Johannson schließt sich an und meint:
Dear Microsoft: Keep working on IE 7, and don’t release it until you’ve caught up with Firefox, Opera, and Safari.
In den Kommentaren zu Nymans Artikel werden als Hauptargument für eine schnelle Veröffentlichung des IE 7, große Sicherheitsprobleme beim IE 6 genannt. Diese seien nicht mehr tragbar und deshalb mußte schnell gehandelt werden. Dann hätte es allerdings auch eine Version 6.5 getan, in der diese Probleme behoben werden und man hätte sich in Ruhe um die design-technischen Aspekte kümmern können. Was nun wohl kommen wird, ist der berühmte Schritt in die richtige Richtung; etwas halbgares, mehr nicht. Eine Version die die genannten Sicherheitsdefizite behebt, ein neues User-Interface bekommen hat (soll das intuitiv sein?) und ein paar Modifikationen in der CSS–Unterstützung, damit die Webdesigner erst mal was zum Spielen haben.
Schaut man sich das Ergebnis an, wurden anscheinend alte Bugs gegen neue getauscht. Programmierer sind auch nur Menschen, keine Frage aber so viele neue Probleme? ( Bug List css.discuss, Old bugs for new, Bugs Position is everything )
Wie sieht es mit der CSS Unterstützung aus? Kein Browser unterstützt komplett die CSS–Spezifikationen, aber Chris Wilson & Co. hätten doch wenigstens ein Gespür für Statements wie :after
und :before
haben können. Sie wissen garantiert welche Vereinfachungen (float-clearing z.B.) sich damit für das Webdesign ergeben würden. Wie schon früher erwähnt, fehlt weiterhin die Unterstützung von Mime-/Content-Types (application/xhtml+xml). Gerade im Rahmen der aktuellen Diskussionen über Doctypes, einer einheitlichen Grundlage in dem Fall, sozusagen on the road to XHTML 1.0 Strict oder XHTML 1.1, wäre das ein großer Schritt gewesen. Leider nichts.
Jetzt hat sich die Webdesign-Welt in den letzten Jahren recht gut mit den Macken des IE 6 arrangiert und das Web erlebt gerade seinen 2. Frühling. Die Probleme die sich durch eine finale Veröffentlichung des 7ers ergeben, wären weitaus gravierender als noch ein weiteres Jahr des Wartens und dafür dann die Auflage eines Browsers, der nicht nur mithalten kann, sondern neue Maßstäbe setzt. In der Form in der er jetzt erscheinen soll und verglichen mit Firefox, Opera und Co. ist der IE 7 ein alter Browser. Bei eBay würde man aus taktischen Gründen schreiben: alt aber neu. So bleibt nur, sich den folgenden Worten anzuschließen:
Microsoft, please fix IE7 before it’s widely released, and you’ll be sure to receive heartfelt thanks from many formerly-frustrated developers out there.
Ist also der Internet Explorer des Jahres 2006 schon gut genug? Nein. Der IE 7 kommt Jahre zu spät und jetzt kommt er zu früh.